Die Backeser

In den alten Zeiten backten die alteingesessenen Feuersbacher ihr Schanzenbrot und ihre Kuchen alle noch selber.

Dazu standen ihnen bis Ende des zweiten Weltkrieges zwei Backeshäuser zur Verfügung. Das „Backes“ an der Straße, da wo es heute noch steht und das „Grobe Backes“, welches am Ortsausgang, am Weg nach Breitenbach stand. Dieses wurde im Februar 1945 beim Bombenangriff, durch eine Luftmine, durch die auch „Marje Vater“ zu Tode kam, zusammen mit „Grobe“ und „Schrünersch“ Haus, zerstört.

  

Da das Backhaus an der Straße nicht genügte, wurde gleich nach dem Kriege, mitten im Ort, ein neues Backhaus errichtet.

In den alten Zeiten hatte man auch noch ein drittes, das „Sidde-Backes“ zur Verfügung gehabt. Es stand am Feldweg der zu den Feldern in der Seite führt. Aber schon in den Jahren nach dem ersten Weltkrieg wurde es nicht mehr benutzt und verfiel mit der Zeit.

Die Gesamtheit der „Backesgenossen“ war so aufgeteilt, dass die Leute , die an der Straße wohnten und dazu noch einige „Äggebuern“, das Backhaus an der Straße und die Übrigen das „Grobe Backes“ und nach dessen Zerstörung, das Backhaus in der Dorfmitte benutzen konnten.

Damit der Backbetrieb störungsfrei ablaufen konnte, hatten immer zwei „Backgenossen“ einen bestimmten Tag in der Woche, als ihren „Backestag“ zur Verfügung, an dem sie das Vorrecht zum Backen hatten.

Wollte jemand aber an einem anderen Tag und nicht an seinem „Backestag“ backen, musste er bei den Genossen, die an diesem Tag ihren „Backestag“ hatten, erfragen, ob an diesem Tage das Backhaus für ihn frei sei.

An der Spitze jeder „Backesgenossenschaft“ stand der „Backesbuer“. Er hatte den Schlüssel des Backhauses in Verwahr und war dafür verantwortlich, dass das Backhaus in Ordnung gehalten wurde und dass zur rechten Zeit die nötigen Reparaturen durchgeführt wurden.

Zum Dank für seine Mühen bedachte man ihn mit dem nicht bös gemeinten Spottverschen: „Os Babbe es dr „Backesbuer“, on wenn hä kömmt, da guckt hä suer“.

Das kräftige Schwarzbrot und die Kuchen, die in diesen „Backesern“ gebacken wurden, waren ungleich besser und schmackhafter als alles, was man heute an Backwaren im Laden kaufen kann.

Im „Backes“ wurde aber nicht nur Brot und Kuchen gebacken. Zur Zeit der Obsternte roch man schon Weitem, wozu der Backofen sonst noch gut war. Da wurden Pflaumen gedörrt und aus Apfelstücken wurden „Schnetzel“ und aus Birnen wurden „Hozzeln“, die sich den ganzen Winter über hielten.

Der Straßenbackes

Im Winter konnte man an manchen Tagen das Klappern der „Flachsbrechen“ hören. Da saß das Backhaus voller Frauen, die mit ihren „Flachsbrechen“ den gebündelten im Ofen getrockneten Flachsstengel so zerklopft und zerbrochen, dass sie hinterher mit Hilfe eines eisernen Kammes, „Reff“ genannt, aus den Flachsfasern herausgekämmt werden konnten.

Die Väter, die im Winter ihre Stiefel für Beile, Hacken, Gabeln, Schaufeln und Rechen und ihre „Föllfasser“ selber machten, brauchten den Backofen, um das Holz dafür recht zu präparieren. Wurde das Holz erst im Bach gewässert und dann im Backofen getrocknet, wurde es erst richtig fest und haltbar.

Auch für die heranwachsende Jugend war der „Backesollern“ mit seiner stets warmen, mit einer dicken Lehmschicht abgedeckten Ofenhaube, ein geschätzter Zufluchtsort. Besonders in den naßkalten Jahreszeiten konnte man dort stundenlang hocken, Räuberpistolen erzählen und warten, bis die auf der warmen „Backeshuw“ ausgebreiteten nassen Strümpfe und Schuhe wieder einigermaßen trocken waren.

Alle Feuersbacher, auch die, die selber kein Brot und keine Kuchen mehr im „Backes“ backen, sind froh darüber, dass die „Backeser“ noch da sind, dass sie noch benutzt werden und dass sie in Stand gehalten werden.

Und jedes Jahr am dritten Wochenende im August findet in Feuersbach das große „Backesfest“ statt, zu dem Jeder recht herzlich eingeladen ist!

   
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